Caritasdirektor Georg Schärmer.

Nein zu Maulhelden

Die Verrohung der Sprache, der Tonfall der Verachtung, die öffentliche Verurteilung lange bevor der Rechtsstaat über eine Tat befunden hat, sind die abscheuliche Wiedergeburt des mittelalterlichen Prangers. Die Beschwörung der österreichischen Werte, an die sich insbesondere Zugezogene zu halten haben, erfährt ihre tägliche Niederlage darin, dass sich nicht wenige von einer Grundkultur des Respekts und eines bedachten Umgangs mit Mitmenschen entfernt haben. Ja, ich bin sehr dafür, dass wir verbindliche Werte formulieren, einfordern und deren Verletzung sanktionieren. Ich vermute nur, dass gar nicht wenige einheimische Zeitgenossen selbst damit in Bedrängnis und unter Rechtfertigungsdruck geraten würden. Rund um die Flüchtlingsaufnahme erleben wir eine Brutalisierung. Die verbalen Keulen - die "üble Nachrede", der Aufruf zur bewaffneten Bürgerwehr in den un-sozialen Medien -, das ist Landfriedensbruch und Erregung öffentlichen Ärgernisses. Im Rahmen einer Bürgerversammlung habe ich mich kürzlich hinreißen lassen, menschenverachtenden Schreiern den Ausdruck "Maulhelden" entgegenzuschmettern. Das tut mir im Nachhinein leid. Diese Kombination gibt es nicht. Entweder gibt es "Mäuler" oder Helden. Zu Letzteren würde ich jene zählen, die sich trotz aller Verhöhnung tagtäglich beherzt und ohne große Worte für Menschengeschwister und die zaunlose Nächstenliebe einsetzen.