Kindermund tut Gutes kund

Neulich erzählte mir eine Mutter von einem Gespräch mit ihrem vierjährigen Sohn, der sie rund um den Allerheiligentag und das Totengedenken mit einer berührenden Aussage überraschte: "Mama, alle Menschen müssen sterben. Aber Gott stirbt nie." Ein wenig später: "Mama, ich möchte gerne in den Himmel." Leicht erschreckt fragte sie ihn, warum er das wolle. Er daraufhin: "Ich möchte in den Himmel, damit ich den heben Gott runter holen kann. Er soll die Welt wieder heil machen." Das lässt den Atem anhalten, obwohl diese Begebenheit dem Herzen lebendige und liebevolle Frischluft zuführt. Kindermund tut Gutes kund. Nur zu gut versteh ich vor einem solchen Hintergrund die Aussage Jesu: "Lasset die Kinder zu mir kommen. Ihrer ist das Himmelreich." Wir alle wissen, dass viele Kinder weltweit und durchaus auch hinter verschlossenen Türen in unserem Land die Hölle erleben. Unsere Welt war nie kindergerecht. Dass sie es ein wenig mehr wird, dafür müssen wir uns beherzt einsetzen. Wenn Kinder rund um den Martinstag Laternen durch die Straßen tragen, besteht die große Gefahr, dass dies zum Spektakel und inhaltsleeren Lichterfest wird. Die Botschaft hinter diesem Fest ist eindeutig. Ausgangspunkt ist die Not, ist der Bettler. Wenn wir die Bettler aus unseren Straßen vertreiben, so müssten wir konsequent alle Laternenprozessionen absagen und unsere vielbeschworene (christliche) Kultur der Kritik aussetzen. Das Martinsfest ist ein Plädoyer für das Teilen der Güter und des Lebensraums. Teilen und Verzichten, verdaulicher formuliert: Großzügigkeit und Gelassenheit sind für mich die Leuchttürme für eine Zukunft, die allen Menschen gutes Leben, ja Überleben ermöglichen muss. Wenn dies nicht gelingt, werden wir sehr dunklen Zeiten entgegen gehen. Die zuletzt erhobenen Forderungen, Religion aus allen pädagogischen Räumen zu verbannen, möchte ich entgegen halten, dass Kinder eine hohe spirituelle Begabung und Sehnsucht in sich tragen. Wer Kinder um Gott betrügt, verengt ihren Raum und betrügt sie um die Weite tragfähiger Beziehung. Eine Beziehung, die über das Sichtbare, Mach(t)bare und Begründbare hinausgeht. Kinder brauchen Freunde. Auch unsichtbare. Und wir mit ihnen das Vertrauen, dass das Gute - die Liebe - die Welt heil machen kann. Georg Schärmer ist Direktor der Caritas der Diözese Innsbruck.