Plötzlich ist alles anders

Beim Skip-Bo spielen sind Burgi und Bernhard ein Meisterteam geworden (Foto: Caritas Suitner).

 

„Wenn mir am Anfang jemand gesagt hätte, dass Bernhard über zwei Monate zu Hause ist, hätte ich gesagt, dass schaffe ich nicht“, so Burgi Huber. Sie ist Mutter eines behinderten Sohnes, der normalerweise unter der Woche die Tagesstätte der Caritas in Uderns besucht. Diese musste jedoch aufgrund der Coronakrise am 15. März vom einen auf den anderen Tag geschlossen werden: „Bernhard braucht sein gewohntes Umfeld mit einem fixen Tagesablauf - genau den hat er im Caritas-Zentrum Zillertal, wo er beispielsweise dem Hausmeister hilft und für den Müll zuständig ist. Obwohl ich meinen Sohn sehr gut kenne, war es eine große Herausforderung, ein Ersatzprogramm für ihn zu finden“, so die dreifache Mutter, die zusätzlich halbtägig im Standesamt der Gemeinde arbeitet.

Mit ein paar Tipps ihrer Tochter, die selbst zwei Kinder im Kindergartenalter zu Hause beschäftigen musste, schlug sich Burgi die letzten Wochen gemeinsam mit Bernhard durch: „Wir haben eine Kugelbahn gebaut, Rasen gemäht, im Garten gearbeitet, Skip-Bo gespielt, bei der Heuernte geholfen, Löwenzahn und Engelwurzen gesucht, um daraus Honig zu machen, gezeichnet und geputzt. Ich wurde von Woche zu Woche kreativer“, scherzt die Zillertalerin. Für Bernhard, der seit einem Ertrinkungsunfall im Alter von sechs Jahren behindert ist, sei es wichtig, dass die gestellten Aufgaben und Arbeitstätigkeiten nicht zu lange dauern, da er sonst ungeduldig und aggressiv wird: „Am liebsten mag Bernhard die groben Hausmeistertätigkeiten, bei denen er seine Kraft investieren und sich verausgaben kann.“

Geburtstag in Quarantäne
Ausgerechnet mitten in der Quarantäne-Zeit feierte Bernhard am 18. April seinen 33. Geburtstag. Dieser besondere Tag wird normalerweise mit seinen Freunden in der Tagesstätte zelebriert. „Bernhard geht wirklich gerne in die Tagesstätte. Es herrscht eine tolle Atmosphäre dort. Die Gruppenmitglieder sind untereinander befreundet und haben sich in der Quarantäne-Zeit gegenseitig gesucht. Daher hat er sich besonders gefreut, dass alle an seinem Geburtstag an ihn gedacht und angerufen haben.“ Sogar ein Geburtstagspaket von der Caritas Tagesstätte sei nach Hause gekommen.

Zeit für die Familie

Mit Juni sperrt die Tagesstätte voraussichtlich wieder auf, worauf sich Bernhard sehr freut. Obwohl sich alle wieder nach einem geregelten Alltag sehnen, hat der ganzen Familie die Quarantäne-Zeit nicht geschadet: „Ganz besonders schön war, dass die Oster-Messe unserer Pfarre live übertragen wurde. Wir haben zu Hause gemeinsam mit Bernhard, seinem Bruder und meinem Mann gefeiert. Bernhard war sehr aufmerksam und konnte während des Gottesdienstes Fragen stellen, was er sonst nicht kann. Somit hat er alles besser wahrgenommen. Wir haben unsere Taufkerzen aufgestellt – eine ganz persönliche Atmosphäre.“ Bernhard ergänzt: „Vor allem das lange Schlafen habe ich in der Quarantäne genossen, aber meine Freunde vermisse ich sehr.“