Drei Personen stehen vor einem Bildschirm mit Kampagnensujet zu einem Pressefoto zusammen.

V.l.n.r.: Auslandshilfe-Leiterin Julia Stabentheiner, Caritas-Direktorin Elisabeht Rathgeb, Bischof Hermann Glettler bei der Pressekonferenz in Innsbruck. © Karin Bachmann

Wir haben Hunger satt

Nach neuesten Zahlen leiden weltweit 345 Mio. Menschen akut und lebensbedrohlich an Hunger. Das ist im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung um beinahe 80 Prozent i. Weitaus mehr Menschen, nämlich 811 Mio., sind grundsätzlich von chronischem Nahrungsmangel betroffen. Wir müssen damit rechnen, dass diese Zahlen aktuell aufgrund der weltweiten Krisen weiter steigen.

Bischof Hermann Glettler macht sich über diese Entwicklung große Sorgen. Er sieht aber auch die Lösungsmöglichkeiten, die die weltweite Glaubens- und Wertegemeinschaft – und mit ihr die Caritas – bietet: „Hunger ist kein Schicksal, sondern ein klarer Auftrag. Denn alles hängt mit allem zusammen: Der Klimawandel, die Folgen der Corona-Pandemie, die Überschuldung armer Staaten und weltweite Konflikte verwehren Millionen von Menschen ihr Grundrecht auf Nahrung. Besonders kritisch ist die Lage in Afrika, wo die Caritas einen mutigen Kampf gegen Hunger, Ernährungsunsicherheit und Mangelernährung führt. Doch es geht nicht nur um den realen, sondern auch um den inneren Hunger der Menschen. Es ist der Auftrag der Kirche, die Menschen innerlich zu sättigen. So gestärkt können wir gemeinsam und entschlossen handeln, getragen von Werten, die sozial gerecht und ökologisch nachhaltig sind. Aus tiefster Überzeugung bitte ich, die Caritas in ihrem Dienst am Ideal einer Welt ohne Hunger zu unterstützen“.

Mehrere Katastrophen treffen zusammen

Wir müssen jetzt für eine gemeinsame Zukunft ohne Hunger kämpfen. Die Caritas Tirol macht das seit vielen Jahren in Burkina Faso und Mali. Dort ist sie aktuell besonders gefordert. Denn hier sind die Menschen mehrfach betroffen: Die Auswirkungen des Klimawandels führen zu Dürre und schlechten Ernten. Und der Ukraine-Krieg bringt weltweiten Weizenmangel. Beides zusammen verursacht und verstärkt die Hungerkrise.

Bei dem heutigen Pressegespräch steht Burkina Faso im Mittelpunkt. Dort verbessert die Caritas Tirol die Lebensbedingungen von Menschen, die von der humanitären Krise betroffenen sind. Caritas-Direktorin Elisabeth Rathgeb informiert: „Die Not ist groß: In Burkina Faso gibt es 1,8 Millionen Binnenvertriebene, während 185 Gesundheitszentren nicht funktionieren und über 4.000 Schulen geschlossen sind. Wir kümmern uns um Bildung, Wasserversorgung, Nahrung, Katastrophenvorsorge und ein gutes Zusammenleben in der Gemeinschaft. Ihre Spende unterstützt uns dabei. Helfen Sie mit“.

Brunnenbau seit 30 Jahren
Seit 30 Jahren unterstützt die Caritas Tirol den Bau von Brunnen in Mali und Burkina Faso. Sauberes Trinkwasser ist eine der wichtigsten Zutaten für eine gesunde Ernährung. Und gerade das steht mehr als einem Drittel der Menschen in Mali nicht zur Verfügung. Derzeit werden in Dörfern in der Diözese Kayes (Mali) und Kaya (Burkina Faso) von der Caritas neue Brunnen mittels Tiefbohrung errichtet und bestehende Brunnen erneuert. Wenn ein Brunnen fertig ist, ist das ein Fest für das ganze Dorf.

Die Lage im Projektland Burkina Faso

Die Ernährungslage in den Sahelländern Westafrikas, insbesondere im Norden Burkinas, spitzt sich immer weiter zu. Die Getreidespeicher sind nahezu leer und bis zur nächsten Ernte dauert es noch Wochen beziehungsweise Monate. Die Ernteerträge schwanken aufgrund naturgegebener unregelmäßiger Niederschläge und in den vergangenen Jahren verstärkt durch den Klimawandel. Zusätzlich verschärft sich die Situation durch die prekäre Sicherheitslage im Land. Verschiedene terroristische Gruppen tyrannisieren die ländliche Bevölkerung mit Mordanschlägen und Plünderungen.

Julia Stabentheiner leitet die Auslandhilfe der Caritas Tirol. Sie beschreibt die Verhältnisse in Burkina Faso als dramatisch: „Über eine Million Menschen haben ihre Dörfer sowie ihr gesamtes Hab und Gut verlassen und sind in die größeren Städte geflüchtet, wo sie sich sicherer fühlen. Zahlreiche Landwirte haben keinen Zugang mehr zu ihren Feldern. Sie können diese nicht bestellen. Besonders in den Savannenregionen südlich der Sahara ist dies verheerend“.

Hinzu kommt der starke Anstieg bei den Preisen fast aller Produkte, bedingt durch den Krieg in der Ukraine. So haben sich die Kosten für einen Sack Getreide mitunter verdreifacht, für eine im Land aus Baumwollsamen produzierte Flasche mit Speiseöl verdoppelt. Aber auch für ein Produkt wie einen einfachen Kugelschreiber sind 50 Prozent mehr zu bezahlen. Dabei spielt sicher die erhebliche Erhöhung der Benzinpreise eine entscheidende Rolle, die zusätzlich weitere Lebensbereiche wie den Transport zur Arbeit beeinflusst. Stabentheiner ist besorgt: „So schlimm war die Lage in Burkina Faso in den letzten Jahren noch nie. Wir brauchen dringend Spenden, um schnell Hilfe zu leisten und Leben zu retten“.

Lebensmittelgutscheine für Vertriebene in Burkina Faso

Alizia ist 42 Jahre alt, verwitwet und Mutter von fünf Kindern. Sie ist eine der vielen im eigenen Land Vertriebenen, die in der Stadt Kaya Zuflucht fand. Sie ist sehr glücklich über die Hilfe, die sie in Form von Lebensmittelgutscheinen erhält. Alizia erzählt, warum sie ihr
Dorf verlassen hat.

„Sie kamen am Samstagmorgen in unser Dorf, zerstörten die Mobilfunkantenne, sodass keine Kommunikation mehr möglich war, plünderten, zündeten Häuser und Getreidespeicher an und töteten mehrere Bewohner*innen, darunter auch meinen Mann. Er hatte versucht, unsere elf Schafe zu retten. Nachdem sie längere Zeit gewütet hatten, zogen sie ab. Vorher drohten sie noch, wiederzukommen und alle zu töten, die sie noch antreffen würden. Sofort nahm ich meine Kinder und nur ein paar wichtige Dinge und machte mich mit ihnen auf den Weg. Die ganze Nacht liefen wir, zusammen mit unseren Nachbarn, bis wir am nächsten Tag um die Mittagszeit Kaya erreichten. Unser Leben konnten wir retten, aber mehr nicht. Einheimische versuchen, uns zu helfen. Sie haben aber oft selbst nicht viel, da das vergangene Jahr sehr trocken ausfiel und die Ernte gering war. Außerdem ist die Zahl der Geflüchteten viel zu groß. In den ersten Tagen bin ich völlig verzweifelt, weil ich zusehen musste, wie meine Kinder hungern.

Jetzt bekommen wir Lebensmittelgutscheine. Meine Kinder finden ihr Lachen und die Lust am Leben wieder. Und zwei Kinder können auch wieder die Schule besuchen. Wir sind sehr glücklich und dankbar gegenüber den verschiedenen Spendern. Möge Gott ihnen reichen Segen zukommen lassen.“

Gegen den Hunger