Martinsfest. Die Kinder spielen mit Begeisterung die bekannte Legende. Der Arme bekommt seinen halben Mantel. Der Darsteller des Heiligen Martin die allseitige Anerkennung. Danach gibt es im Licht der schmuckvollen Laternen eine Jause für alle. Alle sind zufrieden. Außer ich. Ich stelle meine hinterlistige Frage, die mich seit Jahren begleitet. Wie heißt der Bettler mit Namen? „Marcel“, die Antwort. Nein, ich meine nicht den des Darstellers. Ich meine den des „richtigen“ Bettlers. Niemand weiß es. Ich kläre auf. Der Bettler hieß und heißt „Gott“. Ja, Gott, vor allem aber sein Ebenbild, der notleidende Mensch friert. Auch in unserem Land. Wenn wir nicht bereit sind, vom hohen Ross zu steigen. Wenn wir nicht absteigen vom störrischen Gaul der Vorurteile, Verdächtigungen, Schuldzuweisungen und Zweifel. Gott und sein Ebenbild friert - wenn wir nicht Einschnitte in Kauf nehmen. Einschnitte in unseren Mantel der vermeintlichen Sicherheiten und des erworbenen und geschenkten Wohlstandes.
Die Weltanschauung Gottes ist eine provokante Herausforderung
Schauplatzwechsel: Die Heilige Elisabeth von Thüringen. Eine Verrückte. Inspiriert vom Gedankengut des Franz von Assisi. Radikal in ihrem Einsatz für die Hungrigen und Kranken. Ihre Parteinahme für die Ausgegrenzten war skandalös. Letztendlich kostet es sie die eigene Gesundheit und den Familienanschluss. Aber sie wird zur großen Pionierin des Sozial- und Gesundheitswesens in Mitteleuropa. Tausende Kliniken, Sozialstationen, Pflegeheime tragen ihren Namen.
Sie scheute sich nicht, das Brot, das sie für die Armen benötigte, zu stehlen. Die Legende berichtet, dass sie auf frischer Tat ertappt, den Korb mit dem entwendeten Brot lüftete und Rosen zum Vorschein kamen. Welches Bild! Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Wenn Brot nicht den Duft der Liebe und den Stachel des Kampfes gegen die Ungerechtigkeit trägt, ist es auf Dauer unbekömmlich. Nur unsere Liebe und unser gleichzeitiger Kampf gegen jegliche Ausgrenzung wird die Armen davor bewahren, uns zu hassen für die mildtätige Gabe und das vorenthaltene Recht. Armutsbekämpfung tut weh. Die Weltanschauung Gottes, die Liebe, ist nicht frei von provokanten Heraus-Forderungen.
Wer spärlich sät, wird bescheiden ernten. Wer befreiend und befreit gibt, wird überrascht vom guten Leben.
Caritasdirektor Georg Schärmer lädt herzlich ein zum Mitfeiern:
Hl. Messe zum Gedenktag der Hl. Elisabeth, der Schutzpatronin der Caritas, am Mittwoch, 19. November 2014, 17.30 h, in der Dreiheiligenkirche in Innsbruck.
<link fileadmin user tirol hl._elisabeth-einladung_2014.pdf>Einladung zum Download