Heuer wird medcar(e) zehn Jahre, blickt auf eine turbulente Zeit zurück und ist als Einrichtung notwendiger denn je. © Rotes Kreuz Tirol

Medcar(e) wird zehn

„Uns um Menschen zu kümmern, für die ein Arztbesuch nicht so ohne weiteres möglich ist - weil sie beispielsweise keine Versicherung haben - war vor zehn Jahren unsere Motivation, medcar(e) ins Leben zu rufen. Mit Ambermed, einer Einrichtung des Österreichischen Roten Kreuzes, die zu diesem Zeitpunkt in Wien schon erfolgreich betrieben wurde, hatten wir auch unser Vorbild gefunden“, erzählt Thomas Fluckinger, Chefarzt vom Roten Kreuz Tirol und Mitbegründer von medcar(e). „Die Anfangsjahre“, so Fluckinger, „verliefen durchwachsen.  Insbesondere die Suche nach einem Platz für die Ordination, zentral und leicht für die Patient*innen erreichbar, gestaltete sich schwierig“.  Zunächst am Bahnhof in Innsbruck stationiert, musste dieser günstige Standort wieder abgegeben werden, das medcar(e) Angebot wurde in der Folge auf eine mobile Serviceleistung umgestellt. „Dann, endlich, haben wir am Innrain in Innsbruck die passenden Räumlichkeiten gefunden und dort ist die medcar(e)-Ordination auch heute noch untergebracht.

Die Caritas Tirol als Partnerin

Das zweite Thema, das den Chefarzt in den Anfangsjahren beschäftigte, war die Suche nach einer/r Partner*in für das Rote Kreuz, die sich um die soziale Betreuung der Patient*innen kümmert. Denn es war von Beginn an klar, dass es nicht nur die basismedizinische, niederschwellige Versorgung ist, welche die Patient*innen benötigen, sondern dass es auch einer sozialen Unterstützung bedarf. Die Patient*innen sollen gesamtheitlich betreut werden.

Mit der Caritas Tirol konnte schließlich die richtige Partnerin gefunden und medcar(e) als Gemeinschaftsprojekt gestartet werden.

Caritas-Direktorin Elisabeth Rathgeb betont: „Mit der Unterstützung durch eine Caritas-Sozialarbeiterin ist eine umfassende Betreuung gewährleistet. So können wir uns um eine nachhaltige Verbesserung der gesamten Lebenssituation bemühen. Unser Dank gilt dem Freiwilligenteam für seinen Einsatz, dem Roten Kreuz für die gute Kooperation und der Österreichischen Gesundheitskasse für die Unterstützung“.

Steigende Nachfrage gegeben

Was die Zukunft betrifft, so scheint klar zu sein, dass das medcar(e)-Angebot auch weiterhin stark nachgefragt wird. „Die Zahl der obdachlosen Menschen und Menschen ohne Versicherung wird nicht weniger werden. Im Gegenteil“, ist Thomas Fluckinger überzeugt. „Allein im letzten Jahr haben wir 1.123 medizinische und 343 soziale Beratungen durchgeführt. Behandelt wird eine große Bandbreite an Erkrankungen, die vom fiebrigen Infekt über Hauterkrankungen bis hin zu Tumorerkrankungen reicht. Im Dienst stehen überwiegend freiwillige Mitarbeiter*innen, die verlässlich für unsere Patient*innen da sind“, zollt Fluckinger seinem Team größten Dank. Entwicklungen im Bereich der Straßenmedizin sieht Fluckinger als notwendig an, um den steigenden Anforderungen an eine würdevolle, verlässliche Versorgung von Menschen ohne Versicherung gerecht zu werden.

Wunsch für die Zukunft: Vorurteile abbauen

Zum Geburtstag wünschen sich die medcar(e)-Verantwortlichen vieles. Beispielsweise, dass sich das Umfeld für die Therapie verbessert. „Wir arbeiten daran, dass unseren Patient*innen bewusst wird, wie wichtig die Regelmäßigkeit bei den therapeutischen Maßnahmen oder bei der Medikamenteneinnahme für ihren Genesungsverlauf ist“, schildert Thomas Fluckinger. Und der Chefarzt hat noch einen wichtigen Wunsch, den er an die Gesellschaft richtet. „Wir haben immer wieder erleben müssen, wie wenig Akzeptanz eine Ambulanz für Obdachlose in der Gesellschaft hat. Keiner will eine solche in seiner oder ihrer Nachbarschaft haben. Das hat uns schon oft traurig, aber auch nachdenklich gestimmt und daher werden wir uns auch in Zukunft immer wieder für Menschlichkeit, Akzeptanz und Respekt allen Menschen gegenüber einsetzen, einerlei, ob ihr Zuhause ein sicheres Haus, oder ein kleiner Platz unter einer Brücke ist“.