V.l.n.r.: Gertraud Gscheidlinger (ehem. Dienststellenleitung Katharina-Stube) und Caritas-Direktorin Elisabeth Rathgeb. © K. Bachmann

Die Caritas Tirol hilft seit 120 Jahren

Heuer feiert die Caritas Tirol ihren 120. Geburtstag. 1903 wurde der „Tiroler Karitasverband-Barmherzigkeit“ gegründet. Anlass waren die vielen Straßenkinder in Innsbruck: Obdachlos, verwahrlost und oft alkoholisiert. Engagierte Menschen wollten daran etwas ändern und haben sich die Armenfürsorge zum Ziel gesetzt. Damit waren sie Pionier*innen: Die Caritas Tirol ist die älteste Caritas in Österreich.

Bei der heutigen Pressekonferenz berichteten Caritas-Direktorin Elisabeth Rathgeb und die langjährige Caritas-Mitarbeiterin Gertraud Gscheidlinger, wie sich die Caritas mit den Bedürfnissen der Menschen in Tirol entwickelt hat.

39 Prozent mehr Beratungen

Die Caritas Tirol hilft mit einem vielfältigen Angebot, Armut in Tirol zu lindern. Ihr Grundauftrag ist dabei bis heute derselbe: Not sehen und handeln. Und Hilfe von Mensch zu Mensch ermöglichen. Das ist aktuell notwendiger denn je. Immer mehr Menschen in Tirol brauchen unsere Hilfe: Sie können sich Essen, Heizen und Miete durch die Inflation nicht mehr leisten.

Das zeigt sich auch in einem weiteren Anstieg der Zahlen in der Sozialberatung. Von Oktober 2022 bis September 2023 haben 2.372 Personen 5.218 Beratungen in Anspruch genommen. Das ist im Vergleich zum Vorjahres-Zeitraum ein Anstieg um 39 Prozent.

Jeden Euro zweimal umdrehen

Armutsgefährdete Menschen müssen sich zwei Mal überlegen, ob der Wocheneinkauf, der Schulausflug, die Winterjacke oder das Heizen im Winter drin sind. Viel zu oft müssen sie gar entscheiden: Essen oder Heizen. Seit der massiven Teuerungswelle bleibt der Kühlschrank nun häufiger leer, die Wohnung öfter kalt. Denn der umgedrehte Euro ist immer weniger wert. Die Teuerungen sind zwar nach der Rekordinflation im letzten Jahr zurückgegangen, die Preise sind 2023 dennoch hoch – und werden das auch im nächsten Jahr bleiben.

Vor allem Alleinerzieher*innen, Familien mit mehreren Kindern und Pensionist*innen werden nach wie vor von Nachzahlungen, Mietpreiserhöhungen, gestiegenen Lebensmittel- und Energiepreisen überrollt und kämpfen Monat für Monat ums Auskommen. Am Ende des Geldes ist noch zu viel Monat übrig. Armut manifestiert sich. Ganz konkret birgt diese Armut die Gefahr von Delogierungen, sie hat geringere Bildungschancen für die Kinder zur Folge, sie führt zu Ausgrenzung und zu körperlichen und seelischen Krankheiten. Zu einem Teufelskreis, dem man oft ein Leben lang nicht entkommt.

120 Jahre Solidarität

Caritas-Direktorin Elisabeth Rathgeb sieht hier einen klaren Auftrag: „Wir blicken auf eine 120-jährige Geschichte der Solidarität zurück. Unser klarer Auftrag ist es, dafür zu sorgen, dass die Armut in unserem Land zurückgedrängt wird. Dass kein Kühlschrank leer steht, die Wohnungen im Winter warm sind und Rechnungen bezahlt werden können. Das gelingt uns mit der Unterstützung von vielen Spender*innen. Ohne diese wären 120 Jahre Caritas-Hilfe nicht möglich. Dafür ein großes Danke!“

Die Caritas unterstützt bei Anträgen für öffentliche Förderungen. Und sie hilft mit umfassender Sozial- und Familienberatung. Die Ratsuchenden erhalten unter bestimmten Voraussetzungen auch finanzielle Überbrückung in Form von Lebensmittelgutscheinen.

Steigende Nachfrage in den Wärmestuben der Caritas

Auch die Essensausgaben in der Katharina-Stube sind ein deutliches Signal: Während von Oktober 2021 bis September 2022 19.499 Mittagessen ausgegeben wurden, sind es ein Jahr später schon 23.709. In die Katharina-Stube kommen obdachlose Personen und inzwischen auch Menschen, die zwar eine Unterkunft haben, aber kein Geld für Essen. Gertraud Gscheidlinger hat die Katharina-Stube von 2016 bis Ende September dieses Jahres geleitet. Seit Anfang Oktober ist sie in Pension. Im Laufe ihrer 31 Dienstjahre hat sie in unterschiedlichsten Einrichtungen der Caritas viel erlebt. Gertraud Gscheidlinger: „Es wird immer benachteiligte Menschen geben, die aus dem sozialen Netz fallen. Es ist unsere Aufgabe, uns um sie zu kümmern und darauf zu schauen, dass zumindest ihre Grundbedürfnisse wie Essen, Körperpflege und Gesprächsmöglichkeit auf Augenhöhe befriedigt werden.“

Gscheidlinger wird der Caritas Tirol erhalten bleiben: Sie freut sich nämlich schon auf ihren freiwilligen Einsatz. Sie wird mit ihrem Fachwissen weiterhin Hilfsbedürftigen mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Egal, wie groß oder klein Ihr Beitrag ist. Jeder Euro macht einen Unterschied!
Zwei Hände halten eine Ein-Euro-Münze.
Armut in Österreich